Ebersdorf bei Chemnitz

Rückblick - Früjahrswanderung 2013

"Von Rohrstöcken und einer versteinerten Zitrone"
Ein Spätsommerrückblick auf die diesjährige Frühjahrswanderung des Dittmannsdorfer Heimatvereins nach Ebersdorf bei Chemnitz 
am Samstag, dem 27. April 2013

Wer an Chemnitz denkt, der denkt an den Karl-Marx-Kopf, den Versteinerten Wald und vielleicht noch an das Industriemuseum, doch das Sächsische Manchester hat in manch verstecktem Winkel noch viel mehr Erstaunliches zu bieten. Leider sind viele dieser Sehenswürdigkeiten in der großen Öffentlichkeit noch zu wenig bekannt und hier und da liegt noch Potential, diese Schätze noch bekannter zu machen.

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So liegt im östlichen Zipfel der Stadt das 1919 eingemeindete Ebersdorf. Neben seiner idyllischen Lage findet man hier eines der interessantesten „Spezialmuseen“ Sachsens, das Ebersdorfer Schulmuseum, sowie die Stiftskirche, mit eigentlich schon weltweiter Bedeutung. 
Dieses schöne Fleckchen „ Großstadt“ hatte sich der Heimatverein Dittmannsdorf für seine diesjährige Frühjahrswanderung ausgewählt, denn Ebersdorf hat mit seinen Sehenswürdigkeiten einen gewissen Bekanntheitsgrad und es ist nicht all zu weit weg.

Im Nachhinein wissen wir nun, dass es eine sehr gute Entscheidung war. Gemeinsam erlebten die Teilnehmer einen wirklich wunderbaren Tag, der vieles bot, was man sich von solch einem Frühlingsausflug erhoffen kann: eine erblühende Natur am Wanderpfad, einige kleine Überraschungen, viel Interessantes und Wissenswertes und sogar kulinarische Genüsse.
Ebersdorf ist in jedem Falle einen Besuch wert, ganz gleich, ob man wandern will, seinen Wissensschatz bereichern oder einfach einmal gut Essen gehen möchte!

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Nur an einem mangelte es an jenem 27. April, am schönen Wetter. Doch eigentlich konnte man sich noch glücklich schätzen, denn der vorausgesagte Dauerregen ergoss sich glücklicher Weise nur in Schauern aus dickem Nieselregen. An der schlechten Wetterprognose lag es sicher, dass sich leider nur 11 treue Wanderfreunde fanden, um gemeinsam auf Tour zu gehen. 
Allerdings eine schöne Truppe, in der es sich wirklich gut gemeinsam spazieren lässt und gute Gespräche am Wegesrand möglich macht. Gemessen am Aufwand, um einen solchen Ausflug vorzubereiten sowie ihn für die Teilnehmer in einem erschwinglichen finanziellen Rahmen zu halten, ist es jedoch die unterste Grenze der Teilnehmerzahl!

Alle, die mit auf Wanderschaft gingen, waren sich jedoch einig. Jeder der nicht mit dabei war, hat wirklich etwas verpasst, nicht nur die Sehenswürdigkeiten, sondern auch die Chance auf einen entspannten Tag in einer frohen gemeinsamen Runde und daran konnte auch das Wetter nichts rütteln.

Wer denkt, die Ausflüge sind nur „Oma & Opa – Kram“, der liegt sicher falsch, gerade die Wanderungen der letzten beiden Jahre mit dem Schulmuseum oder 2012 mit der Einsiedler Brauerei wären für die Jugend interessant gewesen. Letztendlich geht es ja nicht nur darum, „Sehenswürdigkeiten abzuklappern“, sondern die gemeinsame Zeit zu genießen und dabei etwas Schönes zu erleben. Also, wir sind guter Hoffnung auf wachsende Resonanz!

Kurz vor 9 Uhr fanden sich unsere Heimatfreude aus Witzschdorf, Gornau und Dittmannsdorf an der hiesigen Kultur- und Sporthalle ein. Zunächst ging es per PKW-Fahrgemeinschaften nach Ebersdorf. Nahe der Ebersdorfer Höhe ( 365 m ) fanden unsere Fahrzeuge schnell ein Plätzchen.
Hier in dieser Gegend sind das ländliche Ebersdorf und das schon sehr städtisch geprägte Hilbersdorf miteinander verschmolzen.
Nur wenige Schritte trennen uns nun vom altehrwürdigen Gebäude auf der Silcherstraße 1, dem ehemaligen Ebersdorfer Rathaus ( 1912-14 erbaut ). Vor dem schönen Eingangsportal wurde das erste Gruppenfoto geschossen, bevor uns der schwingende Rohrstock und die kratzende Schiefertafel empfingen.

Uns erwartete hier unter fachkundiger Führung nicht nur ein Gang durch die verschiedenen Ausstellungsräume, sondern auch durch die Schulgeschichte.

Träger des Museums ist der Verein Ebersdorfer Schulmuseum e.V., er wurde 1991 von ehemaligen Lehrern und Schülern der Ebersdorfer Schule gegründet und hat sich die Sammlung und Bewahrung historischer Exponate und Gegenstände aus verschiedenen Epochen der deutschen Schulgeschichte und deren Präsentation für die breite Öffentlichkeit zum Ziel gesetzt. 

Bis 1994 war das Schulmuseum in den Räumen der Ebersdorfer Schule untergebracht, früher war man sogar mit den Exponaten als „Fahrendes Museum" unterwegs. Seit Anfang 2000 ist es in eigenen Räumen im ehemaligen Ebersdorfer Rathaus präsent. Mit großem ehrenamtlichen Einsatz wird das Museum durch den Verein, ehemals 10 Gründungsmitglieder gehegt, gepflegt, ausgebaut und insbesondere einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht.
Die größte Unterstützung erhält das Museum durch seine Besucher, welche ihre Begeisterung dann mit hinaus- und weitertragen.
Neben den regulären Öffnungszeiten, gehören Führungen und spezielle Angebote für Schulklassen, Festlichkeiten und die Beteiligung an der jährlichen Chemnitzer Museumsnacht zu den umfangreichen Angeboten.

Besonders freuen konnte sich unsere kleine Schulklasse über eine junge „Lehrerin“, welche uns als jugendliches Mitglied des Museumvereins in die „Schulzeit wie zu Uromas-Zeiten“ entführen sollte. Wir betraten die historische Schulstube, um in die Atmosphäre von Rohrstock und Tintenfass einzutauchen. Auf uralten, leicht knarrenden Schulbänken verschiedener Epochen nahmen wir Platz und merkten schnell wie unbequem Schule doch früher mal war.
So wurde z. B. der Unterschied zwischen Mädchen- und Jungenranzen erklärt, die Tintenkanne des Lehrers und die besondere Form der Tintenfässchen in den Bänken sowie die Entwicklung der Schriftform. Ein besonderes Erlebnis war das Ausprobieren des Schreibens auf der Schiefertafel, welches manch einer aus unserer Gruppe noch aus seiner eigenen Schulzeit kannte. Zum Glück wurde der Rohrstock nicht ausprobiert.

Im Anschluss begann die Besichtigung der weiteren Ausstellungsräume, die einen in den Bann zogen und manch Erstaunliches vermittelten. In einem kleinen Raum befanden sich hunderte Fotos aus der Geschichte der Ebersdorfer Schule. In einem langen Saal widmete man sich den einzelnen Unterrichtsfächern, wie Heimatkunde, Biologie, Handarbeiten, Musik aber auch Sport und Mathematik.
Viele außergewöhnliche Stücke befanden sich unter den hunderten Ausstellungsstücken. So das Modell einer halben Katze, ein Direktorenstuhl, hübsche Zuckertüten aus vergangen Zeiten, die Dienstbrille des Oberschullehrers, erste mechanische „Taschenrechner“ und auch der „Knochen Otto“ stand in der Ecke. Hier erfuhren wir auch, dass man früher in die 6. Klasse eingeschult wurde um dann mit der 1. Klasse aus der Schule auszuscheiden.

Nach über 1 ½ Stunden war unsere „Schulstunde“ nun beendet und wir konnten immer noch Neues dazu lernen. Ob man früher als Schulkind den Schultag auch so wissbegierig bestritt?
Viel Anerkennung muss den Vereinsmitgliedern des Museums zugesprochen werden. Es ist eine großartige Leistung, so viel zusammenzutragen und in einer wirklich ansprechender Form zu präsentieren. Für die Zukunft kann man ihnen nur weiterhin viel Erfolg und Motivation wünschen. Ein Besuch des Museums kann nur empfohlen werden. Kinder wie Erwachsene werden begeistert sein!

Nach dem „anstrengenden Unterricht“ kam nun der erste Wanderabschnitt genau richtig. Auf der etwa 4 Kilometer langen Strecke sollten wir Chemnitz einmal aus einem ganz anderem Blickwinkel kennen lernen. 
Am äußersten Rand von Ebersdorf schlängelt sich zwischen schmuck restaurierten Bauerngütern und Fachwerkbauten, sowie auf der anderen Seite angrenzenden Feldern, die Oertelsdorfer Straße hinab ins Tal.

Eigentlich zu Chemnitz gehörend präsentierte sich doch eine dörfliche Idylle mit den gerade erblühenden Vorgärten, prachtvollen Magnolien und Forsythiensträuchern zeigte sich der Frühling von seiner besten Seite. Trotz der Regenschauer war es ein erholsames Wegstück auf dem es viel zu sehen gab und das ein oder andere Gespräch ermöglichte.

Ebersorf ist ein naturnaher Stadtteil im Nordosten von Chemnitz und grenzt an die Stadtteile Hilbersdorf, Furth und Glösa-Draisdorf sowie an den Niederwiesaer Ortsteil Lichtenwalde.
Wohl im 12. Jahrhundert entstanden, wird der Ort als „Ebirhardisdorf“ erstmals in einer Urkunde aus dem Jahr 1324 genannt. Der Locator, also das Oberhaupt der sich hier niederlassenden Sippe, war vermutlich ein gewisser Eberhard. ( siehe Ditmannsdorf -> Dittmar )


Ebersdorf gelangte durch Eingemeindung nach Chemnitz und ist heute einer von 39 Stadtteilen. Man ist aber stolz darauf, dass ein großer Teil des Ortes noch immer dörflichen und ländlichen Charakter trägt.
Der Ort besteht heute aus zwei Teilen, einem dörflichen weitläufigen Nordteil, in dem sich der Charakter eines Waldhufendorfes bewahrt hat, und einem eng bebauten städtisch wirkenden Teil im Süden, wo Ebersdorf mit den Arbeiterwohnsiedlungen des Stadtteiles Hilbersdorf verschmolz.

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Berühmtestes Bauwerk des Ortes ist die über 600 Jahre alte Stiftskirche. 
Ein weiteres interessantes Bauwerk ist der 1906 errichtete Wasserturm in Kugelbauweise nach „Bauart Klönne“ auf dem ehemaligen Bahnbetriebswerk im Hilbersdorfer Ortsteil. 

1906 mit der Gründung der „Moll-Werke „ erlebte der Ort einen wirtschaftlichen Aufschwung. In mehreren Zweigstellen wurden Motoren, Autoteile, Zahnräder und Ähnliches hergestellt. Die Moll-Werke galten als größte Fassfabrik Europas.
1925 gingen die Werke in Konkurs. Bekannte Namen wie DKW, dkk und FORON hatten letztlich eine ihrer Wurzeln in der Firma Moll! 

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Die Ebersdorfer Teiche am Stiftsweg sind ein Naturdenkmal. Wer mehr über die Ebersdorfer Geschichte erfahren will, dem sei die Internetseite: www.unserebersdorf.de empfohlen. 

Unseren Teilnehmern stand dafür ein kleines Begleitheft zur Verfügung welches, wie zu jeder Vereinswanderung, eigens gestaltet wurde.

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Langsam machte sich der kleine Hunger breit und wir waren froh, dass wir bald die Talsohle und somit den unteren Ortsausgang, der an den Nachbarort Lichtenwalde angrenzt, erreichten. Wir kreuzten die B169 und fanden uns an der Brettmühle, einem bekannten Ausflugsgasthof, zum Mittagessen ein.

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Die Brettmühle entstand 1834 durch den Architekten Johann Traugott Heinig ( 1795 – 1841 ) aus Chemnitz im klassizistischen Stil anstelle einer Holz-schneidemühle. Der heute im Landhausstil präsentierte Gasthof bietet eine rustikale, deutsche Küche, die wir uns richtig gut schmecken ließen.

Entlang der Dorfstraße führte uns der Weg nun zur nächsten Attraktion des Tages, der Ebersdorfer Stiftskirche „Unser Lieben Frauen“. Zwischenstopp legten wir an einem kleinen Fachwerkaus ein. Es ist das Geburtshaus eines bedeutenden Komponisten und Organisten. Carl August Fischer, der „Sächsische Orgelkönig“, wurde hier 1928 geboren.

Wie schon den ganzen Tag grüßten uns die Türme der Stiftskirche schon von fern und nun waren wir am Ziel und wurden herzlich begrüßt.
Hier erwartete uns eine Führung durch das spätgotische Bauwerk, welches sich noch heute mit einer spätmittelalterlichen Wehranlage als geschlossenes Ensemble mit Wehrtürmen und einer kleinen achteckigen Kapelle präsentiert. Sie zählt als reich ausgestattetes, religiöses Kunstwerk zu den Kleinodien mitteldeutscher Sakralarchitektur. Auch wenn sie als sakrales Kunstwerk gilt, reich ausgestattet ist, so bleibt sie doch zuerst ein Gotteshaus und mit ihrer gesamten Anlage ein Ort der Stille.

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Eine Mitarbeiterin der Kirchgemeinde war extra gekommen, um uns dieses Schmuckstück näher zu bringen. Wie auch das Schulmuseum leidet die Stiftskrichgemeinde bei derartigen Vorhaben, wie Frührungen, an der mangelnden staatlichen Unterstützung, die hier bei einem solch bedeutenden Gebäude doch dringend erforderlich wäre ! Um so mehr freuten wir uns, dass wie schon im Museum eigens für uns eine Führung organisiert wurde.
 

In einer freundlich-herzlichen Weise geleitete uns die Ebersdorferin durch den Kirchenraum, welcher uns immer wieder zum Innehalten animierte. Nicht nur die ungewöhliche Architektur, die vielen Kunstwerke sind es, die diese Kirche so einzigartig machen, wohl auch die mystisch, sagenumwobenen Schätze, die sie beherbergt.

In der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts entstand gleichzeitig mit dem Dorf „Ebirhardisdorf“ auch ein erster romanischer Saalkirchenbau, der 1959/61 durch archäologische Grabungen nachgewiesen werden konnte. 
Die urkundliche Ersterwähnung findet sich in der Meißner Bistumsmatrikel von 1346. Patronatsherren waren seit der Mitte des 14. Jahrhunderts die Inhaber des nahe gelegenen Schlosses Lichtenwalde. 

Etwa seit dieser Zeit gewann Ebersdorf auch als Wallfahrtskirche an Bedeutung. Von ca. 1400 bis 1470 dauerte, mit zahlreichen Unterbrechungen, der spätgotische Umbau der Kirche, der ihr im Wesentlichen die heutige Gestalt verlieh. Insgesamt war die Kirche mit sieben Altären ausgestattet. 1469 wurde die Errichtung des Stiftes aus Rom bestätigt.

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In neuer Zeit wurde der Innenraum wieder in sein spätgotisches, etwas kühl und leer wirkendes, Aussehen zurückgeführt. 
Mittelpunkt ist ein dreiflügeliger Schnitzaltar von 1513, vor ihm stehen als Lesepulthalter die zwei geschnitzten Figuren eines Engels und eines Diakons sowie zwei hohe Kerzenständer.


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Sie stammen ebenso wie das überlebensgroße Kruzifix und das Epitaph des Lichtenwalder Ritters Dietrich von Harras (dem sagenhaften „kühnen Springer“ der Harrassage) unter der nördlichen Empore vom berühmten Hans Witten (geb. um 1470, gest. nach 1522), dem der erzgebirgische Raum eine Reihe von Kunstwerken verdankt. 
Das angeblich ehemals silberne Hufeisen an Harras Füßen suchten wir allerdings vergeblich. Dafür fanden wir doch tatsächlich die sagenhafte „steinerne Zitrone“ in einer Vitrine. Sie erinnert an ein Gerichtsurteil aus dem 18. Jahrhundert und soll der „Beweis“ für die Unschuld einer zum Tode verurteilten Kindesmörderin sein.

Ebenso finden wir in drei Vitrinen die wohl außergewöhnlichsten Ausstellungsstücke. Es sind Kleidungsstücke der Sächsischen Prinzen Ernst und Albert, welche durch den Raubritter Kunz von Kauffungen dem Sächsischen Prinzenraub zum Opfer fielen.

Nachdem die Entführung beendet werden konnte, unternahmen 1455 Kurfürst Friedrich der Sanftmütige und dessen Frau Margaretha, am 15. Juli 1455 eine Wallfahrt nach Ebersdorf zu dem dortigen wundertätigen Marienbilde, um für die Rettung ihrer Kinder ein feierliches Dankopfer zu bringen. Margaretha stiftete einen Altar und zum Andenken wurden die Kleider der Prinzen und die Kappe des Köhlers, der den Ritter gefangen hatte, in der Kirche aufgehängt.
Eine kleine steinerne Madonna ist wahrscheinlich ein Relikt des einstigen, angeblich wundertätigen Marienbildes, das die Kirche zu einem solch bedeutungsvollen Wallfahrtsort machte. Eine Krücke an der Wand soll Zeugnis für die Heilung eines solchen Wallfahrers sein.

In der kleinen Nordkapelle bestaunten wir das nächste sagenumwobene Objekt in einer Vitrine. Es ist das sogenannte „Goldschiffchen“ aus dem 15. Jahrundert. Der Sage nach war ein gewisser Junker Wolf von Lichtenwalde ins gelobte Land gezogen, um dort gegen die Saracenen zu kämpfen. Auf der Schiffsreise zurück nach Haus soll er in große Seenot geraten sein, er flehte Gott um Hilfe an und versprach, der heiligen Maria zu Ebersdorf für seine Rettung ein Schiff voller Gold zu stiften.

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Er wurde gerettet und ließ darauf hin ein Schiffsmodell fertigen, dass er mit Gold füllte und wie versprochen stiftete. Das kleine, teils beschädigte Schiffchen ist das älteste europäische Schiffsmodell und hat daher große wissenschaftliche Bedeutung.

Die heutige Orgel wurde 2010 durch die Firma Jehmlich ( Dresden ) gebaut. Die Vorherige wurde nach der Restaurierung der Kappelle im Schloss Lichtenwalde wieder an seinem Urspungsort gebracht.

Weitere sakrale Kunstwerke und bedeutungsvolle Ausstattungen sind beispielsweise das Vesperbild, zwei Taufbecken und das Alabasterschnitzwerk des Heiligen Hieronymus, verschiedene Altäre und Bildnisse, ein Sühnekreuz, die Gruft und die Lutherlinde. Es würde den Rahmen sprengen hier alles näher zu erläutern, aber die einschlägige Lektüre darüber ist sehr interessant und kann empfohlen werden.

Das gepflegte Außengelände mit der Wehrmauer, den Türmen und den kleinen, restaurierten Fachwerkhäusern, in denen früher die Geistlichen wohnten, die in der Kirche ihren Dienst versahen, birgt ein sehr romantisches Ambiente.
Um unsere Neugier zu stillen, durften wir einen Blick in einen der beiden Wehrtürme mit Tordurchfahrten nehmen. Heute dienen sie als Lager und ein Raum ist für die Jugend der Kirchgemeinde eingerichtet.
In der Ecke des Kirchhofes befindet sich die kleine achteckige Marienkappelle. In ihr soll sich im 15. Jahrhundert das wundertätige Marienbild befunden haben. Der schlichte Raum mit teils freigelegten Wandmalereien und schönem Birnengewölbe ist heute ein Andachtsraum und in ihm verfällt man unweigerlich in Stille.
Der neue kleine Sandsteinaltar ist eine Stiftung eines Vaters, welcher hier für die Heilung seiner schwerstkranken Tochter betete. Sollte die Genesung seiner Tochter doch ein Indiz für die hier wirkenden mystischen Kräfte sein ?

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Es folgte noch ein Abstecher auf den nahe gelegenen Friedhof, der mit einem Teich und alten Baumbeständen sehr naturnah ist. Hier befinden sich zahlreiche Kriegsgräber und sehr kunstvolle Mahnmale. 
Während des Ersten Weltkrieges war in Ebersdorf eines der 175 deutschen Kriegsgefangenenlager eingerichtet. Viele der Gefangenen starben hier und fanden ihre letzte Ruhestätte auf diesem Friedhof.

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Durch eine kleine Pforte in der Wehrmauer verließen wir den so geschichtsträchtigen Ort, um uns auf den kurzen Weg in „Grütznickels Scheune“ zum Kaffeetrinken zu machen. Diese mehr als ungewöhnliche Gastwirtschaft lässt sich kaum mit Worten beschreiben, man muss es einfach selbst gesehen haben. Das sehr gute Essen wird fast zur Nebensache beim An- oder besser Einblick der Räumlichkeiten.

Jeder der verschiedenen Gasträume, Dielen und Treppenaufgänge ist bis auf den allerletzten Quadratzentimeter gefüllt mit allen erdenklichen alten Gegenständen, zu Hunderten finden sich Körbe, Kaffeekannen, Kisten, Truhen, Bestecks und Öfen, alte Küchenöfen, Schleifböcke, Sensen, Sägen, Puppen, Instrumente, Waschzubehör, selbst ein Traktor, Räder, Felle, Tierpräparate, Bügeleisen und alles was man sich überhaupt vorstellen kann.
Man wird förmlich erschlagen von der Fülle, muss einfach umhergehen, damit man den Überblick behält und die Gasttische findet.

Eine einzigartige Mischung aus Museum, Bauernscheune und Gastwirtschaft und noch dazu mit einer sehr niveauvollen Karte, die wie das Haus selbst, mit Überraschungen aufwartet.
Bei Kaffee und hausgemachtem Kuchen ließen wir den Frühjahrsausflug in dieser herrlich, gemütlichen Atmosphäre ausklingen.

Bereits vor 1600 bestand das Gut, welches über Jahrhunderte der Familie Eckert gehörte, die hier Landwirtschaft betrieb. Während der DDR-Zeit war es der LPG zugehörig und ab 1985 begannen Sanierungsarbeiten mit vielen Anstrengungen und Liebe zum Detail.
Die denkmalgeschützte, im Jahre 1796 erbaute Scheune, fand dabei eine neue Bestimmung. Sie wurde 1994 zu einem Gasthof im urigen Ambiente umgebaut.

Wer einmal ein besonderes kulinarisches Erlebnis, zum Beispiel für eine Familienfeier sucht, wird in der gesamten Umgebung nichts Besseres, Ungewöhnlicheres finden! Es war ein krönender Abschluss unserer diesjährigen Frühjahreswanderung.

Was es mit dem Namensgeber der Gastwirtschaft, dem „Grütznickel" auf sich hat, schrieb der Türmer der Stadt Chemnitz, Stefan Weber, in einem Gedicht auf:


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Die Erzählung vom Grütznickel

Damals in Chemnitz lebte mal einer, 
wo er herkam wusste keiner. 
Doch allen ward er bald bekannt, 
man hatte ihn "Grütznickel" genannt. 
Das lustige Männlein sah man nur im Schafspelz 
eingehüllt und trug mit sich einen Sack halbvoll mit Grütze gefüllt. Später schaute er vom Rathausturm herab als Konterfei und die Bürgersleut 
gingen mit lachen an der Spottfigur vorbei. 
Selbst die Handwerksburschen aus vielen Landen, 
erzählten daheim, dass sie hier unterm Grütznickel standen. 
Des Nickels Humor und lustige Gestalt fand ein jeder gar lustig bald. 
Doch was die Bürger in Erstaunen versetzte, war, 
wie überaus reichlich sich der Nickel an Speis und Trank ergötzte. 
Da schloss mal ein Apotheker die Wette ab und glaubte, 
das Männlein würde sicher bald satt, 
doch der Nickel hatte das Essen noch für zu knapp befunden, v
erlangte noch Nachschlag für weite Stunden. 
Doch der Alte wie er einst gekommen ward, 
verließ auch so plötzlich unsere Stadt. 
Sicherlich ist er auch noch anderswo gewesen 
und hat dort die Leute erfreut mit seinen Späßen. 
In Chemnitz sprach man noch oft über des Nickels lustig Treiben, 
vielleicht siehst auch du ihn noch, lieber Gast, 
hereinblickend durch unsre Fensterscheiben

Bewaffnet mit Schirmen begaben wir uns nun wieder auf die Oertelsdorfer Straße, um zu unseren Fahrzeugen zurück zu kommen.
Gegen 17.00 Uhr nahmen wir Abschied von Ebersdorf und unser Klein Tirol wieder ins Visier. Ein erlebnisreicher Tag ging zu Ende, an den sich alle Teilnehmer bestimmt gern erinnern werden.

Der Heimatverein Dittmannsdorf e.V. möchte es nicht versäumen, sich beim Ebersdorfer Schulmuseumsverein e.V. und der Stiftskirchgemeinde  zu bedanken, die eigens für uns die Führungen ermöglichten. Ebenso bei den beiden freundlichen Mitarbeiterinnen, die extra zur Frühjahrswanderung vor Ort kamen, um uns viel Wissenswertes zu vermitteln. 
Auch dem Team der Brettmühle und „Grütznickels Scheune“  danken wir für die Gastfreundschaft und das leckere Essen. 
Nicht vergessen möchten wir alle froh gelaunten Teilnehmer unserer kleinen Gruppe, die mit ihrer Anwesenheit und die gute Gemeinschaft wesentlich zum Gelingen dieses Tages beitrugen. Schließlich allen, die ihre PKW`s zur Hin- und Rückfahrt bereitstellten, sowie allen weiteren Beteiligten im Hintergrund!
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Quellen: 
www.schulmuseum-ebersdorf.de 
www.unserebersdorf.de
www.ebersdorf.kirche-chemnitz.de
www.kneipen-in-chemnitz.de
www.gruetznickels-scheune.de
Sächsischer Wanderführer Erzgebirge Muldental-Chemnitz und Umgebung
Begleitheft Frühjahrswanderung 2013 des Heimatvereins Dittmannsdorf e.V.

Zuarbeit von Text und Fotos:
Enrico Münzner 
1. Vorsitzender Heimatverein Dittmannsdorf e.V
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