Aus der Heimatgeschichte

Die „Merkel – Fabrik“ zu Altenhain

In der Ausgabe November 2012 des Heimatblattes erschien ein Bericht über die am 7. Oktober 2012 durchgeführte Herbstwanderung. Sie führte in ihrem Verlauf unter anderem auch an der ehemaligen Merkelfabrik im untersten Teil von Altenhain vorbei. In dieser Abhandlung wurde auch ein kurzer Abriss der Historie des Gebäudes dargeboten.
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Der Lehngutsbesitzer und Lehnrichter Johann August Hößler beauftragte Anfang des 19. Jahrhunderts den Altenhainer Baumeister Christian Friedrich Uhlig, bekannt auch durch seine Kirchenbauten ( „Uhlig Kirchen“, z.B.: Einsiedel; aber auch Hennersdorfer Holzbrücke ), eine wasserbetriebene Spinnmühle zu erbauen. 

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Die 1821 erbaute Hößlerische Spinnmühle befand sich im Talschluss einer Wiesenaue am Ortsausgang von Altenhain kurz vor Beginn des Sternmühlentales.


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1880 wurde die ehemalige Spinnmühle von Eduard Lohr zur Möbelfabrik umgebaut, in der vor allem Tische und Gestelle für Sofas und Sessel hergestellt wurden. Ernst Merkel heiratete die Tochter von Lohr, Ina und der Betreib lief unter diesem Firmennamen weiter. 

Aus dieser Ehe gingen 7 Kinder hervor: 
Von links: Martin, Konrad, Helene, Elsbeth, Mutter Lina, Charlotte, Erich, Anna
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Die Brüder Martin und Konrad übernahmen den Betrieb. Sie heirateten kurz vor dem 1.Weltkrieg und zogen in die neu errichtete Villa ein. Ein typisches Bild aus dieser Zeit sind die Holzstöße vor dem Fabrikgebäude – zum Trocknen aufgestapelt.

Der Sohn Erich gründete einen Zweigbetrieb in Rochlitz und man spezialisierte sich später auf Schreibtische.
In den zwanziger und dreißiger Jahren des 20. Jahrhunderts fanden auch einige Dittmannsdorfer in der Merkelfabrik Lohn und Brot und zwar Erich und Arthur Kräusel, sowie Vater Moritz Kräusel und auch die Schwester Ella, die in Altenhain wohnte.

Für die Dittmannsdorfer blieb nur der Fußweg. Das galt auch für Paul Richter, der „Auf dem Berg“ wohnte ( heute Grabiensky ) und von seinem Haus den Kleinolbersdorfer Weg passieren musste, um nach Altenhain zu kommen.
In späteren Jahren arbeitete der Dittmannsdorfer Manfred Pogan in diesem Betrieb. Er war bedeutend beweglicher, da er schon mit dem Moped und dann auch mit dem Motorrad seine Arbeitsstelle erreichen konnte.

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In diesen Zeiträumen fanden auch immer wieder Instandhaltungsmaßnahmen am Gebäude statt.

Die inzwischen daraus entstandene Möbelfabrik blieb bis zur Enteignung in den Händen der Familie Merkel. Ab 1960 wurde sie halbstaatlich „Fa. Ernst Merkel KG“. 1973 wurde sie zu einem Volkseigenen Betrieb umgewandelt „VEB Gestellbau“.

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Im Jahr 1990 übernahm die Treuhand den Betrieb. Die Produktion wurde eingestellt und der Betrieb stillgelegt. Im Oktober 2000 kaufte die Chemnitzer GIB GmbH den Industriekomplex und führte einige Sanierungsarbeiten durch. 

Alle möglichen Nutzungsmöglichkeiten ( angeblich gab es auch Anfragen und Gedanken aus dem Rotlichtmilieu über Seniorenheim bis Bavaria-Filmstudio ) scheiterten. Seit 2002 standen Grundstück und Fabrikgebäude wieder zum Verkauf.

Nach der Rückübertragung 1994 folgten Jahre der Ungewissheit, bis sich in letzter Zeit eine Möglichkeit ergab, indem sie der neue Firmensitz der „imk automotive GmbH“ sein wird, welche das Gebäude zur Zeit denkmalgerecht saniert.
Es wird zur Büronutzung für die künftige Forschungs- und Entwicklungsarbeit der Firma ausgebaut. Dabei wird das Innere komplett entkernt und die historische Fassade erneuert.

Einige Beispiele der Planung:

Der symbolische erste Spatenstich wurde am 07.12.2012 feierlich vollzogen. Geladen waren alle Vertreter und Beteiligte des geplanten Bauvorhabens sowie Enrico Münzner und Frau Christine Wünschmann.

Geschäftsführer Dr. Jens Trepte und Projektkoordinator Herr Prof. Dr. Reinhard Erfurth von der Firma Erfurth Projektdesign sprachen einige Begrüßungsworte vor der „Alten Merkelfabrik“ und bei der Enthüllung der Informationstafel.

Bis zum Frühjahr 2014 soll die Sanierung abgeschlossen sein. Es wird ein moderner Neubau in einer denkmalgeschützten Hülle entstehen.

Die Merkelsche Fabrik hat wieder eine Zukunft. Die "imk automotive GmbH" entwickelt Produkte und Fertigungsprojekte für namhafte Automobilhersteller in aller Welt. Das bisherige Domizil im Gewerbepark Wirkbau an der Annaberger Straße ist nun zu eng geworden. Die Mitarbeiterzahl soll allein in Chemnitz bis Ende 2013 auf 40 anwachsen.

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Wir hoffen auf die Realisierung des geplanten Vorhabens und freuen uns, wenn wieder eine Industrieruine in unserer Gegend verschwindet und einem nützlichen Zweck zugeführt wird. 

Frau Wünschmann (eine der letzten Nachkommen der Fam. Merkel, sie ist die Nichte von Martin Merkel) mit Geschäftsführer der imk automotive GmbH Dr. Jens Trepte.

Der Heimatverein Dittmannsdorf e.V. möchte sich auf diesem Wege ganz herzlich für die freundliche Einladung zum ersten Spatenstich der „Neuen Merkel Fabrik“ bedanken. Es war ein sehr interessantes und bewegendes Erlebnis.
Es ist für unseren Verein eine Freude zu sehen, dass es in unserer Umgebung für eines der ältesten, sächsischen Industriebauten mit wichtiger historischer Bedeutung, eine Zukunft gibt. Bereits mehrfach stand die Merkelfabrik zu verschiedenen, unserer Vereinsinitiativen im Blickpunkt.
Durch das Vorhaben der IMK Automotive wird es gelingen, Geschichte und Moderne zukunftsfähig miteinander zu verbinden. Ein Ziel, dass auch eines der Anliegen unseres Heimatvereins ist.
Für die Sanierungsarbeiten wünschen wir viel Erfolg, gute gestalterische Ideen und Freude, sowie für das gesamte Unternehmen einen wachsenden geschäftlichen Erfolg im neuen Firmensitz.
Wir werden gern den Werdegang von der „Alten“ zur „Neuen“ Merkelfabrik im Auge behalten.

Enrico Münzner
1.Vorsitzender Heimatverein Dittmannsdorf e.V
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( Beitrag erschien im Dittmannsdorfer Heimatblatt Ausgabe April und Mai 2013 )

Fotos: Exposé imk automotive GmbH, J. Balazs, E. Münzner
Text: Zusammenarbeit - Frau Christine Wünschmann - J. Balazs - E. Münzner

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